Archiv für den Monat: Juni 2019
Svend-Gunnar Kirmes besucht Oberschule Grimma
“Der Lehrer” Hendryk Duryn besucht Naunhofs Gymnasium
Quelle: Muldental TV
Schule-Image-Politik mit Hendrik Duryn
„Der Lehrer“ besucht Naunhofs Gymnasium
Schauspieler und Wuschelkopf Hendrik Duryn (51), der Lehrer aus der gleichnamigen, preisgekrönten RTL-Serie, ist der eine. Politiker Svend-Gunnar Kirmes (69), CDU-Mitglied und kahlköpfiger Alterspräsident des Sächsischen Landtages, ist der andere. Auf den ersten Blick ein völlig ungleiches Paar. Doch beide sind Halbbrüder, Brüder im Geiste. Und unterwegs in Sachsens Schulen.
Die etwa 50 in ihrer Mensa versammelten Naunhofer Gymnasiasten trauen weder Augen noch Ohren, als ihnen ihr großes Idol, Schauspieler Hendrik Duryn, eröffnet, jener Politiker neben ihm sei allen Ernstes sein Bruder. „Echt, stimmt wirklich, ich trage seine Haare gleich mit.“ Gütiges Lächeln, kein Verlachen. Die Schüler beweisen Takt.
Trotz Altersunterschieds von stattlichen 18 Jahren – die prominenten Gäste haben eine gemeinsame Mutter, sind in Leipzig aufgewachsen und zur Thomasschule gegangen. Sie halten zusammen wie Pech und Schwefel, paddeln gern und hatten die Idee für ein gemeinsames Projekt. Sie touren durch Schulen und wollen von den Teenies hören, was sie bewegt.
„Wir sind die Schüler, ihr seid unsere Lehrer“, sagt der auf der Bank lümmelnde Familienvater Hendrik. In Spitzenzeiten hat er bei seinen Live-Chats im Internet bis zu zwei Millionen Besucher. Oft werde er gefragt, wieso es im wahren Leben nicht solch klasse Lehrer wie den von ihm gespielten Herrn Vollmer gebe. „Dabei gibt es sie, in ganz Deutschland, und nicht zu knapp.“
Man sehe sie nur nicht, weil jeder seinen eigenen Rucksack mit sich herum trage, sinniert der Schauspieler. Seit zehn Jahren steht er für RTL vor der Kamera. Die siebte Staffel war von Januar bis März gelaufen – donnerstags, 20.15 Uhr, zur besten Sendezeit. Ende Juni beginnen die Dreharbeiten für die nächsten Episoden. Er spielt nicht nur, er schreibt auch die Drehbücher mit.
Und deshalb ist er gespannt auf die Themen der Naunhofer Gymnasiasten. Emilia Wernicke aus der Elften schwärmt für Hendrik. Seinetwegen will sie sogar Lehrerin werden. Sie findet stark, dass er sich rückhaltlos für seine Schüler einsetzt, sich dabei sogar in Gefahr bringt. „Es gab mal eine Motorradclique, die kurz davor stand, ihn zu verprügeln.“
Emilia bereitet der Leistungsdruck große Sorgen. Allein sieben Schüler aus ihrem engsten Freundes- und Bekanntenkreis hätten ernste psychische Probleme. Depressionen, Magersucht – eben das ganze Programm. Mitschüler Lukas Seidel hinterfragt die Sinnhaftigkeit des Auswendiglernens: „Dieser ganze Haufen Zahlen. Am Ende fragt man sich: Oh, Gott, wozu das alles?!“
Tahira Ulm wünscht sich mehr Politik statt Sport. Und Nele-Marie Montag merkt an, dass sie mit Chinesisch als dritter Fremdsprache eine Stunde mehr habe als die anderen. „Durst, Hunger, eine unheilbare Krankheit – das sind echte Probleme. Alles andere ist kopfgesteuert“, sagt Hendrik. Oft reicht schon ein Wechsel der Perspektive. Eben nicht zu sagen: Die anderen können eine Stunde länger chillen. Sondern: Ich darf eine Stunde mehr lernen.“
Was Stundenplan, Leistungsdruck und Stress anlangen, so müsse man das Gespräch mit den Lehrern suchen. „Jeder einzelne von uns hat Probleme. Man muss den Arsch in der Hose haben, sich anderen anzuvertrauen. Sprecht mit Vertrauenspersonen. Ihr werdet sehen. Die Lehrer tragen es weiter. Im besten Falle bis hinein in die Politik.“ Und genau hier komme sein großer Bruder ins Spiel.
„Klar, ich hab’s gut, kann provozieren. Er dagegen hat die Arschkarte gezogen, muss konkret umsetzen.“ Alterspräsident Svend-Gunnar wiegelt ab: „Wir beide ringen im Kollektiv. Du mit deinen Leuten vom Fernsehsender, wenn es darum geht, das echte Leben einfließen zu lassen. Und ich mit den Parlamentskollegen, wenn es etwa um die Digitalisierung in der Schule geht.“ Es reiche ihm nicht, nur die Hand für weitere Millionen zu heben, er wolle auch sehen, was damit passiert.
Jannik Schönstädt, gerade 12, trennt ein kariertes Blatt Papier aus seinem Rechenhefter und läuft mutig auf den Mann aus dem Fernsehen zu: „Mein Vater mag Sie. Und ich Sie auch. Bekomme ich ein Autogramm?“ Der Star-Schauspieler schreibt eifrig. Auch Moritz Henning bekommt eine persönliche Widmung. Und Wotan Jacobasch und Frida. Und Heike Dögel.
Die 60-jährige sitzt in der Mensa ganz weit hinten. Sie arbeitet in der Küche des Gymnasiums und würde sich freuen, wenn Hendrik Duryn lieber heute als morgen als Chemielehrer in Naunhof anfinge: „Dann würde er garantiert immer Nachschlag bekommen“, sagt die Frau mit Augenzwinkern. Sie findet den Lehrer im Film so authentisch und auch witzig: „Das Lachen fehlt mir.“
Mobbing, Zwangsheirat, Teenager-Schwangerschaften, Religion, Spielsucht, Tod – die in der Serie angesprochenen Themen kommen bei den Naunhofer Gymnasiasten an. Auch Schulleiterin Kathrin Mayer hatte mal reingeschaut: „Klar, mit Schulalltag hat das nur am Rande was zu tun. Der Lehrer wird mehr als Sozialarbeiter dargestellt. Aber warum auch nicht.“
Hendrik Duryn wollte nie Lehrer werden. Vielleicht liegt das daran, dass in seiner Familie fast alle Lehrer waren und sind. Dass ausgerechnet er jetzt Deutschlands berühmtester Lehrer ist, mutet beinahe etwas kurios an. Dabei wirbt er unter jungen Leuten aktiv für den Lehrerberuf: „In den nächsten fünf Jahren fehlen in Deutschland 35000 Lehrer.“
Sein großer Bruder Svend-Gunnar war es, der die Idee dem sächsischen Kultusministerium schmackhaft gemacht hatte: „Unsere Polizei wirbt mit verdächtig guten Jobs. Wieso sollte das die Lehrerschaft nicht auch tun?“ Er zog gleich das geeignete Gesicht für die Charme-Offensive aus dem Ärmel – seinen Bruder. Mit dem Vorschlag rannte der Alterspräsident bei Minister Christian Piwarz offene Türen ein.
Seitdem ist der Serienstar eine Art Botschafter der Kampagne. Er kennt sich aus mit Lehrern. In der Leipziger Georg-Schumann-Oberschule, in die Hendrik Duryn als kleiner Jung ging, erkannte er die Pauker sogar am Klang des mitgeführten Schlüsselbundes. Ein Lehrer soll dem Knaben damals auch das richtige Fegen beigebracht haben: Den Besen ganz ruhig und gediegen führen. Nicht mit Schwung, das wirbele nur Staub auf.
VON HAIG LATCHINIAN
LVZ Muldental 13.06.2019
Foto: privat